nietzsche und sokrates

Durch ihn ist der neueren Comödie die Zunge gelöst worden, während man bis zu Euripides nicht wußte, wie man die Alltäglichkeit anständig auf der Bühne reden lassen sollte. Überall, wo noch die Autorität zur guten Sitte gehört, wo man nicht »begründet«, sondern befiehlt, ist der Dialektiker eine Art Hanswurst: man lacht über ihn, man nimmt ihn nicht ernst. Deshalb schrieb er einen Prolog als Programm und ließ ihn durch eine zuverlässige Person, eine Gottheit deklamieren. Diese Stimme mahnt, wenn sie kommt, immer ab. Von dem unendlich vertieften germanischen Bewußtsein aus erscheint jener Sokratismus als eine völlig verkehrte Welt; aber es ist anzunehmen, daß auch schon den Dichtern und Künstlern jener Zeit Sokrates mindestens sehr langweilig und lächerlich vorkommen mußte, besonders wenn er bei seiner unproduktiven Eristik noch den Ernst und die Würde einer göttlichen Berufung geltend machte. Sobald der Gott auf der Maschine erscheint, merken wir, daß hinter der Maske Sokrates steckt und Glück und Tugend auf seiner Wage in Gleichgewicht zu bringen sucht. Im Nebenwerk schuf er Dichtungen und musikalische Kompositionen. Gleiches aber wird nur von Gleichem erkannt. Es beruhe auf einer in der Frühzeit der Menschheit erfolgten Zurückwendung ihres Grausamkeitsinstinkts auf das eigene Ich, verbunden mit einer gegen den Urahn (als Gottheit) empfundenen Schuld. décadents? Die Tragödie gieng an einer optimistischen Dialektik und Ethik zu Grunde: das will eben so viel sagen als: das Musikdrama gieng an einem Mangel an Musik zu Grunde. Als sie eintreffen, wird Aristodemos vom Gastgeber sogleich freudig begrüßt und gebeten, sich neben Eryximachos zu setzen. Um ganz unverhüllt zu sprechen, die Blüthe und der Höhepunkt des griechischen Musikdramas ist Aeschylus in seiner ersten großen Periode, bevor er noch von Sophokles beeinflußt wurde: mit Sophokles beginnt der ganz allmähliche Verfall, bis endlich Euripides mit seiner bewußten Reaktion gegen die aeschyleische Tragödie das Ende mit Sturmeseile herbeiführt. Am Beispiel des Sokrates, den er als kranken Niedergangs-Typen charakterisiert, vertieft sich Nietzsche in die Probleme der Dekadenz und Idiosynkrasie.Bereits in seiner noch im Banne Richard Wagners stehenden Frühschrift Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik hatte er sich mit der Zentralgestalt der griechischen Philosophie befasst und eine Kritik des Sokratismus formuliert. – Wie? Die Häßlichkeit ist häufig genug der Ausdruck einer gekreuzten, durch Kreuzung gehemmten Entwicklung. Was sich erst beweisen lassen muß, ist wenig wert. – Aber ich komme auf das Problem des Sokrates zurück. Der Held der Tragödie erweist sich nicht, wie die neuere Aesthetik wähnt, im Kampfe gegen das Schicksal, ebensowenig leidet er, was er verdient. Die Anthropologen unter den Kriminalisten sagen uns, daß der typische Verbrecher häßlich ist: monstrum in fronte, monstrum in animo. Additional Physical Format: Online version: Sandvoss, Ernst. Schon vorher gab es ein Analogon in der Wechselrede zwischen dem Helden und dem Chorführer: aber hier war doch der dialektische Streit bei der Unterordnung des einen unter den anderen unmöglich. Einer der Namhaftesten, Philemon, erklärte, er würde sich sogleich aufhängen lassen, um den Euripides in der Unterwelt zu sehn: wenn er nur überzeugt wäre, daß der Verstorbene noch Leben und Verstand habe. Der Held, der durch Grund und Gegengrund seine Handlungen vertheidigen muß, ist in Gefahr, unser Mitleiden einzubüßen: denn das Unglück, das ihn nachher dennoch trifft, erweist dann eben nur, daß er sich irgendwo verrechnet hat. Dies ist ungefähr das Princip jener seltsamen Missionsthätigkeit des Sokrates, die eine Wolke des schwärzesten Unwillens um ihn sammeln mußte, gerade weil niemand im Stande war, das Princip selbst gegen Sokrates anzugreifen: hätte man doch dazu nöthig gehabt, was man so gar nicht besaß, jene sokratische Überlegenheit in der Unterredungskunst, in der Dialektik. Er lädt Aristodemos ein, einfach mitzukommen, auch wenn dieser nicht eingeladen ist. Sollte er sich nicht geirrt haben? Vergiss die Peitsche nicht!“. »Die Triebe wollen den Tyrannen machen; man muß einen Gegentyrannen erfinden, der stärker ist«... Als jener Physiognomiker dem Sokrates enthüllt hatte, wer er war, eine Höhle aller schlimmen Begierden, ließ der große Ironiker noch ein Wort verlauten, das den Schlüssel zu ihm gibt. »Dies ist wahr«, sagte er, »aber ich wurde über alle Herr.« Wie wurde Sokrates über sich Herr? Was trieb den begabten Dichter so sehr dem allgemeinen Strome entgegen? Dabei ist es sehr bedeutsam, daß dieser Prozeß in der Komödie zu Ende kommt, während er doch in der Tragödie begann. Eine derartig zubereitete und aufgeklärte Masse war es, aus der die neuere Komödie geboren wurde, jenes dramatische Schachspiel mit seiner hellen Freude an verschmitzten Streichen. Mit jenem Wettkampf wurde an ein Element in der Brust des Zuhörers appellirt, das bis dahin als kunstfeindlich und musenverhaßt aus den festlichen Räumen der dramatischen Künste verbannt war: die "böse" Eris. Vor Euripides waren es heroisch stilisirte Menschen, denen man die Abkunft von den Göttern und Halbgöttern der ältesten Tragödie sofort anmerkte. Ernst Behler - 1989 - Nietzsche-Studien 18 (1):141. über dem Eingangstor der Wissenschaft.« Und Kant sagt: »Die Grenzen seiner Erkenntnis, den Umfang derselben einzusehen und dadurch erkennen, daß … Selbst Sokrates hatte es satt. Man muß klug, klar, hell um jeden Preis sein: jedes Nachgeben an die Instinkte, ans Unbewußte führt hinab... Ich habe zu verstehn gegeben, womit Sokrates faszinierte: er schien ein Arzt, ein Heiland zu sein. Die Anhänger der "guten alten" Zeit pflegten den Namen des Sokrates und des Euripides als der Volksverderber in einem Athem zu nennen. Viel verbreitet war in Athen die Meinung, daß Sokrates dem Euripides beim Dichten helfe: woraus man doch entnehmen kann, wie feinhörig man den Sokratismus in der euripideischen Tragödie heraushörte. 86. Ich habe zu verstehn gegeben, womit Sokrates abstoßen konnte: es bleibt um so mehr zu erklären, daß er faszinierte. Als die Lust an der Dialektik die Tragödie zersetzt hatte, entstand die neuere Komödie mit ihrem fortwährenden Triumphe der Schlauheit und der List. Nietzsche beginnt mit Schopenhauer, den er als „unschuldigen Flötisten“ karikiert, der sich vergeblich an den bekannten – und laut Nietzsche komplett falschen – Grundsatz „neminem laede, immo omnes, quantum potes, juva“ klammert und damit seine Berechtigung als … Eitel Narrheit ist es doch, auf gespreizte hohle Reden und abstraktes Spintisieren einen müßigen Fleiß zu wenden!". Diesen "unverständigen" Künstlern stellt Plato das Bild des wahren Künstlers gegenüber, des philosophischen und giebt nicht undeutlich zu verstehen, daß er selbst der Einzige sei, der dies Ideal erreicht habe, und dessen Dialoge in dem vollkommenen Staate gelesen werden dürfen. Die Dialektik erreicht fortwährend ihr Ziel; jeder Schluß ist ihr Jubelfest, Helligkeit und Bewußtheit die Luft, in der sie allein athmen kann. Wohin kam dies, wer nahm mir das?". Niemals hat sich der Rationalismus naiver gezeigt als in jener Lebenstendenz des Sokrates. Die Fanatiker der Logik sind unerträglich wie Wespen. Was? Urteile, Werturteile über das Leben, für oder wider, können zuletzt niemals wahr sein: sie haben nur Wert als Symptome, sie kommen nur als Symptome in Betracht – an sich sind solche Urteile Dummheiten. Brill 1966 (OCoLC)608848006 Online version: Sandvoss, Ernst. Er ist der Vater der Logik, die den Charakter der reinen Wissenschaft am allerschärfsten darstellt: er ist der Vernichter des Musikdramas, das die Strahlen der ganzen alten Kunst in sich gesammelt hatte. Er sah hinter seine vornehmen Athener; er begriff, daß sein Fall, seine Idiosynkrasie von Fall bereits kein Ausnahmefall war. Der Zuschauer sah in ihnen eine ideale Vergangenheit des Hellenenthums und damit die Wirklichkeit alles dessen, was in hochfliegenden Augenblicken auch in seiner Seele lebte. Alles ist übertrieben, buffo, Karikatur an ihm, alles ist zugleich versteckt,[952] hintergedanklich, unterirdisch. Worauf weist das? Zu noch größerer Verzerrung wird der Sokratismus bei den cynischen Schriftstellern gesteigert: sie suchen in der größten Buntscheckigkeit des Stils, im Hin- und Herschwanken zwischen prosaischen und metrischen Formen gleichsam das silenenhafte äußere Wesen des Sokrates, seine Krebsaugen, Wulstlippen und Hängebauch wiederzuspiegeln. Die Dialektik dagegen ist von Grund ihres Wesens aus optimistisch: sie glaubt an Ursache und Folge und damit an ein nothwendiges Verhältniß von Schuld und Strafe, Tugend und Glück: ihre Rechenexempel müssen ohne Rest aufgehen: sie leugnet alles, was sie nicht begrifflich zerlegen kann. Der bürgerliche Mittelstand, auf den Euripides alle seine politischen Hoffnungen baute, kam jetzt zu Wort, nachdem bisher in der Tragödie der Halbgott, in der alten Comödie der betrunkne Satyr oder der Halbgott Sprachlehrer gewesen waren. Man könnte sagen, daß hier ein Beispiel vorläge, wie der Recensent zum Dichter werden könne. Kakerlak oder die Geschichte eines Rosenkreuzers, Geschichte eines Teutschen der neusten Zeit. –, – Hat er das selbst noch begriffen, dieser Klügste aller Selbst-Überlister? Der Dialog ist bekanntlich nicht ursprünglich in der Tragödie; erst seitdem es zwei Schauspieler gab, also verhältnißmäßig spät, entwickelte sich der Dialog. Wo aber entdeckte Euripides den Verfall des Musikdramas? COPYRIGHT NOTICE: The content of this website, including text and images, is the property of The Nietzsche Channel. Wenn Tugend Wissen ist, so muß der tugendhafte Held Dialektiker sein. Was Nietzsche nun Sokrates vorwirft ist dies, dass gerade das Unbewusste schöpferisch und affirmativ wirke, während Sokrates in dem Moment, wo er seinem Verstande misstraute, einer wunderbaren Stimme gewahr wurde (sie ist der Titel dieses Blogs), die Sokrates als hindernden Dämon wahrnahm. In der Tragödie des Aeschylus und Sophokles, seiner älteren Zeitgenossen. Damit bleibt beim schulischen Sokrates im Ethikunterricht der Sekundarstufe I allzu oft ausgespart, was seit Aristoteles über John Stuart Mill, Kierkegaard, Nietzsche und Hans-Georg Gadamer bis zur Gegenwartsphilosophie als das Beste an Sokrates geschätzt wird. nach Regeln der Kunst zu Werke zu gehn, abzirkeln Zeil um Zeile, bemerken, denken, sehn, verstehn, belisten, lieben, schleichen argwöhnen, läugnen, hin und her erwägen. Nietzsche war kein Atheist in dem Sinne, dass er einen Gott für unmögl… Vergessen wir auch jene Gehörs-Halluzinationen nicht, die als »Dämonion des Sokrates«, ins Religiöse interpretiert worden sind. Der Augenblick und der Witz sind seine höchsten Gottheiten; der fünfte Stand, der des Sklaven. Man muß[951] durchaus seine Finger danach ausstrecken und den Versuch machen, diese erstaunliche finesse zu fassen, daß der Wert des Lebens nicht abgeschätzt werden kann. Bei einem derartigen Rückblick ist man leicht versucht, gegen Euripides als angeblichen Volksverführer ungerechte, aber erhitzte Beschuldigungen auszusprechen, und etwa mit den äschyleischen Worten zu schließen: "Welch' Übel schreibt nicht sich von ihm her?" Der Sokratismus verachtet den Instinkt und damit die Kunst. Es ist bekannt, wie mißtrauisch zuerst Sokrates gegen den Ausspruch des Gottes war. Aber Häßlichkeit, an sich ein Einwand, ist unter Griechen beinahe eine Widerlegung. 6 The original manuscript, entitled Socrates und die Griechische Tragodie, has – Man hat, als Dialektiker, ein schonungsloses Werkzeug in der Hand; man kann mit ihm den Tyrannen machen; man stellt bloß, indem man siegt. War Sokrates ein typischer Verbrecher? Öfters kam dem Sokrates, wie er im Gefängniß seinen Freunden erzählt, ein und derselbe Traum, der immer dasselbe sagte: "Sokrates, treibe Musik!" Sokrates war auch ein großer Erotiker. Mit Sokrates schlägt der griechische Geschmack zugunsten der Dialektik um: was geschieht da eigentlich? Bei ihm wird der Instinkt zum Kritiker, das Bewußtsein zum Schöpfer. Man muß nur den Muth haben, sich dies einzugestehn, man muß bekennen, um von Euripides ganz zu schweigen, daß auch die schönsten Gestalten der sophokleischen Tragödie, eine Antigone, eine Elektra, ein Oedipus, mitunter auf ganz unerträglich triviale Gedankengänge gerathen, daß durchweg die dramatischen Charaktere schöner und großartiger sind als ihre Kundgebung in Worten. Kant und Nietzsche können uns bei der Beantwortung der Frage weiterhelfen. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt. kommt, wenigstens der Gesinnung nach, jetzt zur Herrschaft. Angesichts von Leid und Unvollkommenheit könne die Welt nur durch das Ästhetische, die Kunst gerechtfertigt werden. Bei der außerordentlichen Flachheit und Dürftigkeit des ethischen, gänzlich unentwickelten Denkens erscheint nur zu oft der ethisch dialektisirende Held als der Herold der sittlichen Trivialität und Philisterei. Dieses Urtheil ist nur einer gegenwärtig verbreiteten Aesthetik zuwiderlaufend: in Wahrheit kann für dasselbe kein geringeres Zeugniß geltend gemacht werden, als das des Aristophanes, der wie kein andrer Genius dem Aeschylus wahlverwandt ist. [951] Über das Leben haben zu allen Zeiten die Weisesten gleich geurteilt: es taugt nichts... Immer und überall hat man aus ihrem Munde denselben Klang gehört – einen Klang voll Zweifel, voll Schwermut, voll Müdigkeit am Leben, voll Widerstand gegen das Leben. Sobald aber zwei gleichberechtigte Hauptspieler sich gegenüber standen, so erhob sich, einem tief hellenischen Triebe gemäß, der Wettkampf und zwar der Wettkampf mit Wort und Grund: während der verliebte Dialog der griechischen Tragödie immer fern blieb. Ein Ausländer, der sich auf Gesichter verstand, sagte, als er durch Athen kam, dem Sokrates ins Gesicht, er sei ein monstrum – er berge alle schlimmen Laster und Begierden in sich. Friedrich Wilhelm Nietzsche (Aussprache: [ˈniːtʃə]; * 15. Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Was Euripides sich in den aristophanischen "Fröschen" zum Verdienst anrechnet, daß er die tragische Kunst durch Wasserkur abgemergelt und ihre Schwere vermindert habe, das gilt vor allem von den Heldenfiguren: im Wesentlichen sah und hörte der Zuschauer seinen eignen Doppelgänger auf der euripideischen Bühne, allerdings mit dem Prachtgewande der Rhetorik umhüllt. K. Hildebrandt's Nietzsches Wettkampf mit Sokrates und Plato (2nd ed. Sokrates hat sich aber bis zu seinen letzten Tagen mit der Meinung beruhigt, seine Philosophie sei die höchste Musik. Und nun denke man sich einen ungeheuren Willen hinter einem so einseitigen Verstande, die persönlichste Urgewalt eines ungebrochnen Charakters bei äußerer phantastisch-anziehender Häßlichkeit: und man wird begreifen, wie selbst ein so großes Talent wie Euripides gerade bei dem Ernst und der Tiefe seines Denkens um so unvermeidlicher in die abschüssige Bahn eines bewußten künstlerischen Schaffens gerissen werden mußte. - Im Rahmen der Kritischen Gesamtausgabe noch nicht abgedruckte Texte werden zitiert nach: F. Nietzsche, Gesammelte Werke, Musarion-Ausgabe (1922) (abgekürzt: MusA). Plato kennt den Wahnsinn, der als Krankheit weniger ist als Vernunft, als gottgewirkt aber mehr – nur durch ihn kommen die Dichter, die Liebenden, die Philosophen zum Schauen des Seins. Absichtlich sucht er das Verständlichste: seine Helden sind wirklich, wie sie sprechen. Er leugnet die Weisheit gerade dort, wo ihr eigenstes Reich ist. Es ist lächerlich, einen Geist bei einer Mittagsmahlzeit erscheinen zu lassen: es ist lächerlich, von einer so geheimnißvollen, ernst-begeisterten Muse, wie es die Muse der tragischen Musik ist, zu verlangen, daß sie in der Gerichtshalle, in den Zwischenpausen dialektischer Gefechte singen solle. Erstpostum machten ihn seine Schriften als Philosophen weltberühmt. Während Platon das überlegene Individuum in den Dienst des Staates stellt, tritt Nietzsche für eine umgekehrte Rangordnung ein. I. Während Nietzsche ausgiebig über sein Verhältnis zu Platon und dem platonischen Sokrates geschrieben hat, finden sich Stellungnahmen zu den antiken Sophisten, zumal in seinen veröffentlichten Werken, beinahe gar nicht. Das Prachtgewand wurde gewissermaßen durchsichtiger, die Maske zur Halbmaske: die Formen der Alltäglichkeit traten deutlich hervor. –, Man wählt die Dialektik nur, wenn man kein andres Mittel hat. Von einem Lebenden nicht, weil ein solcher Partei, ja sogar Streitobjekt ist und nicht Richter; von einem Toten nicht, aus einem andren Grunde. Jetzt wurde jedes Einzelne vor den Richterstuhl dieser rationalistischen Aesthetik gezogen, der Mythus voran, die Hauptcharaktere, der dramaturgische Aufbau, die Chormusik, zuletzt und am entschiedensten die Sprache. Friedrich Nietzsche wurde am 15. Dieses Ungleichgewicht spiegelt sich auch in der Forschung wider, sodass bisher vergleichsweise spärlich zu Nietzsche und den Sophisten publiziert worden ist. Man warnte die Jugend vor ihnen. und der Humor – auf Nietzsche, der in diesem Zusammenhang bereits in seiner ersten Schrift Die Geburt der Tragödie (1871/72) folgendes empfiehlt: „Ihr solltet vorerst die Kunst des dies seitigen Trostes lernen, – ihr solltet lachen lernen, meine jungen Freunde, wenn anders ihr durchaus Pessimisten Ja man kann sagen, daß bei Euripides der Dichter zum Halbgott geworden ist, nachdem derselbe durch ihn aus der Tragödie verbannt war. Der Verfall der Tragödie, wie ihn Euripides zu sehen glaubte, war eine sokratische Phantasmagorie: weil niemand die Weisheit der alten Kunsttechnik hinreichend in Begriffe und Worte umsetzen konnte, leugnete Sokrates und mit ihm der verführte Euripides jene Weisheit. Die Instinkte bekämpfen müssen – das ist die Formel für décadence: so lange das Leben aufsteigt, ist Glück gleich Instinkt. und Nietzsche Briefwechsel Kritische Gesamtausgabe, Berlin/New York, Walter de Gruyter, 1975ff., herausgegeben von Paolo D’Iorio. —, Man kennt die außerordentliche Verehrung, welche Euripides bei den Dichtern der neueren attischen Comödie genoß. Aber Sokrates erriet noch mehr. © The Nietzsche Channel. Meisenheim am Glan, Hain, 1969 (OCoLC)987957264: Named Person: Diesen aber hatte er auf den Zuschauerbänken des Theaters gewonnen. "Darstellt' ich Haus und Hof, worin wir leben und wir weben Und gab mich so dem Urtheil preis, da jeder, dessen Kenner, Urtheilte über meine Kunst. Das Wort aus der bekannten Grabschrift "als Greis leichtsinnig und grillig" gilt auch vom greisen Hellenenthum. Das Dasein ist in ihr etwas sehr Schreckliches, der Mensch etwas sehr Thörichtes. Zwischen dieser epischen Vorschau und Hinausschau liegt die dramatisch-lyrische Wirklichkeit und Gegenwart. Um nun zu sehen, ob er recht habe, geht er bei den Staatsmännern, den Rednern, den Dichtern und den Künstlern umher, um zu erkennen, ob er nicht einen auffinden könne, der weiser sei als er ist. Der eingedrungne Sokratismus in der Tragödie hat es verhindert, daß die Musik sich nicht mit dem Dialog und Monolog verschmolzen hat: ob sie gleich in der aeschyleischen Tragödie den erfolgreichsten Anfang dazu gemacht hatte. Abh., 7. »Hier muß jedenfalls etwas krank sein« – geben wir zur Antwort: diese Weisesten aller Zeiten, man sollte sie sich erst aus der Nähe ansehn! Jedermann kennt die sokratischen Sätze "Tugend ist Wissen: es wird nur gesündigt aus Unwissenheit. Leiden, E.J. – Ist die Ironie des Sokrates ein Ausdruck von Revolte? Der besonnenen Gemüthsart widerstrebe eine so mannigfaltige und bunte Kunst, für die reizbare und empfindliche sei sie ein gefährlicher Zunder: Grund genug, die tragischen Dichter aus dem idealischen Staate zu verbannen. ", "ich allein hab' jenen rings dergleichen Weisheit eingeimpft, indem Gedanken und Begriff der Kunst ich lieh: so daß denn hier jetzt jedermann philosophirt und Haus und Hof und Feld und Vieh so klug bestellt wie früher nie: stets forscht und sinnt Warum? Im Vollgefühl dieses seines dramaturgischen Vortheils wirft Euripides in den aristophanischen Fröschen dem Aeschylus vor: "So werd' ich also gleich an Deine Prologe gehn um dergestalt den ersten Theil der Tragödie zuerst ihm zu kritisiren, diesem großen Geist! Selbst Sokrates sagte, als er starb: »leben – das heißt lange krank sein: ich bin dem Heilande Asklepios einen Hahn schuldig«. Der consensus sapientium beweist die Wahrheit.« – Werden wir heute noch so reden? Nur darf man bei dem Wort "Recensent" sich nicht von dem Eindrucke jener schwächlichen vorlauten Wesen bestimmen lassen, die unser heutiges Publikum in Sachen der Kunst gar nicht mehr zu Worte kommen lassen. Die gute Eris waltete ja von Alters her bei allen musischen Handlungen und führte in der Tragödie drei wettkämpfende Dichter vor das zum Richten versammelte Volk. Er faszinierte als dieser extreme Fall – seine furchteinflößende Häßlichkeit sprach ihn für jedes Auge aus: er faszinierte, wie sich von selbst versteht, noch stärker als Antwort, als Lösung, als Anschein der Kur dieses Falls. Und Sokrates antwortete bloß: »Sie kennen mich, mein Herr!« –. Reproduction in any form is strictly prohibited. Die absichtlich derbe und rücksichtslose Verurtheilung der Kunst hat bei Plato etwas Pathologisches: er, der sich zu jener Anschauung nur im Wüthen gegen das eigne Fleisch erhoben hat, er der seine tief künstlerische Natur zu Gunsten des Sokratismus mit Füßen getreten hat, offenbart in der Herbigkeit jener Urtheile, daß die tiefste Wunde seines Wesens noch nicht vernarbt ist. Wenn es nämlich einem idealen Naturzustande gemäß ist, mit schöner Nachkommenschaft und ohne Krampf das Leben zu verhauchen, so zeigt uns das Ende jener älteren Kunstgattungen eine solche ideale Welt; sie verscheiden und tauchen unter, während ihr schönerer Nachwuchs bereits kräftig das Haupt empor hebt. Im andern Falle erscheint sie als niedergehende Entwicklung. wackelig? Der Held des Dramas durfte nicht unterliegen, er mußte also jetzt auch zum Worthelden gemacht werden. Niemals ist ihm ein Zweifel über die Richtigkeit der ganzen Fragestellung gekommen. Dies ist sehr verwunderlich. Sokrates und Nietzsche. Nietzsche deutet mit einer phantasievollen Entstehungshypothese das schlechte und damit das ganze Gewissen als Krankheitserscheinung. Jenes echt typische Bild des Hellenen, die Odysseusgestalt, war von Aeschylus zum großartigen, listig-edlen Prometheuscharakter gesteigert worden: unter den Händen der neueren Dichter sank sie zur Rolle des gutmüthig-verschmitzten Haussklaven herab, wie er so oft als verwegner Intriguant im Mittelpunkt des ganzen Dramas steht. Eine spätere Generation erkannte richtig, was Hülle und was Kern war: sie warf die erstere ab und es entpuppte sich als Frucht des künstlerischen Sokratismus das schauspielartige Schachspiel, das Intriguenstück. Das ihm eigenthümliche Element der Dialektik hat sich bereits lange Zeit vor Sokrates in das Musikdrama eingeschlichen und verheerend in dem schönen Körper gewirkt. Was wir im Vergleich zur sophokleischen Tragödie so häufig bei Euripides als dichterischen Mangel und Rückschritt empfinden müssen, das ist das Resultat jenes energischen kritischen Prozesses, jener verwegenen Verständigkeit. Nach Euripides sei die klassische Tragödie Endlich im Gefängniß versteht er sich, um sein Gewissen ganz zu entlasten, auch dazu, jene "gemeine" Musik zu machen. Der Sokratismus ist älter als Sokrates; sein die Kunst auflösender Einfluß macht sich schon viel früher bemerklich. von Pöbel-Ressentiment? –. Was aber vom Prolog gilt, das gilt auch von dem viel berüchtigten deus ex machina: er entwirft das Programm der Zukunft, wie der Prolog das der Vergangenheit. – Wie? Ist es nötig, noch den Irrtum aufzuzeigen, der in seinem Glauben an die »Vernünftigkeit um jeden Preis« lag? – Sokrates war der Hanswurst, der sich ernstnehmen machte: was geschah da eigentlich? Man weiß, man sieht es selbst noch, wie häßlich er war. Die Sokratische Ironie ist also zugleich Heilmittel der antiken Gesellschaft und Mittel der Rache. Mit dem Tode des griechischen Musikdramas dagegen entstand eine ungeheure, überall tief empfundene Leere; man sagte sich, daß die Poesie selbst verloren gegangen sei, man schickte im Spott die verkümmerten abgemagerten Epigonen in den Hades, um sich dort von den Brosamen der vormaligen Meister zu nähren. Das Letztere ist er noch in einem viel tieferen Sinne als bis jetzt angedeutet werden konnte. Die Vernünftigkeit wurde damals erraten als Retterin; es stand weder Sokrates noch seinen »Kranken« frei, vernünftig zu sein – es war de rigueur, es war ihr letztes Mittel. War nicht vielleicht gerade seine Reaktion gegen den angeblichen Verfall der Anfang vom Ende? ): »Hier muß jedenfalls etwas wahr sein! SOKRATES und die griechische Tragoedie von Dr. Friedrich Nietzsche Professor in Basel. Man weiß ja alles, was geschehen ist, was geschehen wird? Ungleich günstiger muß von diesem Standpunkte aus unser Urtheil über die ältere aeschyleische Tragödie ausfallen: dafür schuf Aeschylus auch unbewußt sein Bestes. "Weisheit besteht in Wissen;" und "man weiß nichts, was man nicht aussprechen und anderen zur Überzeugung bringen kann." Das wahre schöpferische Vermögen des Dichters wird von Plato, weil dies nicht die bewußte Einsicht in das Wesen der Dinge sei, zu allermeist nur ironisch behandelt und dem Talente der Wahrsager und Zeichendeuter gleich geachtet. –. Euripides ist der erste Dramatiker, der einer bewußten Aesthetik folgt. Allmählich sprechen alle Personen mit einem solchen Aufwand von Scharfsinn, Klarheit und Durchsichtigkeit, so daß für uns wirklich beim Lesen einer sophokleischen Tragödie ein verwirrender Gesammteindruck entsteht. Unglück aber, durch Rechenfehler herbeigeführt, ist bereits mehr ein Lustspielmotiv. Das, was Sophokles im Vergleich mit Aeschylus mehr wußte und worauf er sich etwas zu Gute that, war nichts, was außerhalb des Gebietes technischer Handgriffe gelegen hätte; kein Dichter des Alterthums bis auf Euripides war im Stande gewesen, sein Bestes mit aesthetischen Gründen wahrhaft zu vertreten. Nichts kann unserer Bühnentechnik widerstrebender sein als der Prolog bei Euripides. Euripides schafft die Gestalten, indem er sie zugleich zerlegt: vor seiner Anatomie giebt es nichts Verborgenes mehr in ihnen. Soll der Germane wirklich jenem entschwundenen Kunstwerk der Vergangenheit nichts anderes zur Seite stellen dürfen, als die "große Oper," ungefähr wie neben Herkules der Affe zu erscheinen pflegt? Nichts ist leichter wegzuwischen als ein Dialektiker-Effekt: die Erfahrung jeder Versammlung, wo geredet wird, beweist das. Nietzsche will nun aber nicht nur Geburt und Leben, sondern auch Tod und Untergang der griechischen Tragödie beschreiben. Sokrates wollte sterben – nicht Athen, er gab sich den Giftbecher, er zwang Athen zum Giftbecher... »Sokrates ist kein Arzt«, sprach er leise zu sich: »der Tod allein ist hier Arzt... Sokrates selbst war nur lange krank...«[956]. München 1954, Band 2, S. 951-957. Er hat wirklich einige prosaische Fabeln, die ihm bekannt waren, in Verse gebracht, doch glaube ich nicht, daß er mit diesen metrischen Übungen die Musen versöhnt hat. Thorwaldsen jenen antiken Schein giebt, daß er wenig reflektierte und schlecht sprach und schrieb, daß ihm die eigentliche künstlerische Weisheit nicht ins Bewußtsein getreten war. • Nietzsche will keine neue Moral, wie sie Sokrates, Platon und das Judentum vertraten, sondern fordert eine Loslösung von der Moral Kommentare zum Referat Nihilismus - Friedrich Nietzsche : Euripides – Sokrates – Nietzsche“, in: Jutta Georg / Claus Zittel (Hg. Daß eine einzeln auftretende Person, Gottheit oder Heros, am Eingange des Stücks erzählt, wer sie sei, was der Handlung vorangehe, was bis jetzt geschehen, ja was im Verlauf des Stückes geschehen werde, das würde ein moderner Theaterdichter geradezu als muthwillige Verzichtleistung auf den Effekt der Spannung bezeichnen. Als aber nun wirklich eine neue Kunstgattung aufblühte, die in der Tragödie ihre Vorgängerin und Meisterin verehrte, da war mit Schrecken wahrzunehmen, daß sie allerdings die Züge ihrer Mutter trage, aber dieselben, die jene in ihrem langen Todeskampfe gezeigt hatte. Nicht eher sei der Dichter fähig zu dichten, als bis er begeistert geworden und bewußtlos, und kein Verstand mehr in ihm wohne. Sie kann nur Notwehr sein, in den Händen solcher, die keine andern Waffen mehr haben. War Sokrates überhaupt ein Grieche? Auch ist überliefert, daß Sokrates sich des Besuchs der Tragödie enthielt und nur, wenn ein neues Stück des Euripides aufgeführt wurde, unter den Zuschauern sich einstellte. Der Prozeß, der in der sogenannten Stichomythie seinen Anfang genommen hatte, setzte sich fort und drang auch in die längeren Reden der Hauptspieler. Die unbewußte Weisheit erhebt bei diesem ganz abnormen Menschen ihre Stimme, um dem Bewußten hindernd hier und da entgegenzutreten. ), Nietzsches Philosophie des Unbewussten, Berlin 2012, 11–30 Was man aber auch für böse Einwirkungen von ihm ableitet, immer ist dies festzuhalten, daß Euripides mit bestem Wissen und Gewissen handelte und sein ganzes Leben in großartiger Weise einem Ideale geopfert hat. In einem einzigen Falle hat Sokrates selbst die Gewalt der instinktiven Weisheit anerkannt, und dies gerade in sehr charakteristischer Weise. Ich will oder kann hier nur ein Beispiel jener produktiven Kritik anführen, ob es gleich eigentlich nöthig wäre, jenen Gesichtspunkt an allen Differenzen des euripideischen Dramas aufzuweisen.

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